Erfolgreich weggemobbt – Eine Allianz des Missbrauchs von Medienmacht und persönlicher Machtgier

Selbst eine Mehrheit der SPD-Wähler billige das Verhalten der vier abtrünnigen Landtagsabgeordneten Jürgen Walter, Carmen Everts, Dagmar Metzger und Silke Tesch, behaupten Umfrage-Ergebnisse. Dem aufgeklärten Beobachter kommt das äußerst fragwürdig vor.

„Trau keiner Statistik, die Du nicht selber gefälscht hast“, soll vor rund 60 Jahren schon der damalige britische Premierminister Winston Churchill gesagt haben. Auch der bayerische Machtpolitiker Franz-Josef Strauß hat diesen Spruch immer wieder gerne zitiert.

Mit einer beispiellosen Kampagne wurde die SPD-Landesvorsitzende Andrea Ypsilanti letztlich von der Macht ferngehalten. Frappierend waren die Kommentare aus verschiedenen Zeitungen, die die Presseschau des Deutschlandradios am Dienstag (4. November) zitierte. Fast einmütig wuschen sie die Pelze der vier Abtrünnigen rein.

Nun erhalte die SPD nach ihrem Versuch des „Wählerbetrugs“ die Chance zu einem Neu-Anfang, hieß es da zum Beispiel. Kritische Stimmen zum
parteischädigenden Verhalten der Vier fehlten völlig.

Kaum Erwähnung fand zudem die Tatsache, dass erst am Samstag (1. November) ein SPD-Parteitag mit 95-prozentiger Mehrheit für den Kurs von Andrea Ypsilanti gestimmt hatte. Innerhalb von nur zwei Tagen wollen die Abgeordneten Everts, Tesch und Walter ihr „Gewissen“ entdeckt und sich zum Boykott der Wahl ihrer „Genossin“ entschlossen haben.

Allein Heribert Prantel hat diese Entscheidung in der Süddeutschen Zeitung (SZ) angemessen kommentiert. Mit ihrer Entscheidung hätten die Abweichler letztlich die konkurrierende CDU und deren Geschäftsführenden Ministerpräsidenten Roland Koch gestärkt.

Eine Zustimmung zum Handeln der „Vierer-Bande“ läuft im Ergebnis auf eine Unterstützung Kochs hinaus. Diese Unterstützung hatte der „brutalstmögliche“ Ministerpräsident schon seit dem Ausgang der hessischen Landtagswahl. In einer beispiellosen Hetzkampagne haben die Medien alle Überlegungen der hessischen SPD gegeißelt, ihre Mehrheit jenseits der CDU bei der Wahl einer Ministerpräsidentin gemeinsam mit den Linken zu nutzen.

„Lügilanti“ wurde Ypsilanti betitelt. Dabei ist ihre angebliche „Lüge“ doch nur die Erkenntnis, dass die Mehrheiten im Hessischen Landtag ein Regieren ohne die Linkspartei fast unmöglich machen.

Koch hingegen musste in der Vergangenheit schon zweimal zugeben, vor Untersuchungsausschüssen die Unwahrheit gesagt zu haben. Ihm wurde deswegen von den Medien jedoch noch nie der dafür verdiente Titel angeklebt.

Stattdessen verschweigen die Medien Behauptungen, die vier Abtrünnigen hätten weitere SPD-Parlamentarier angesprochen, um eine eigene Fraktion zu bilden. Mit fünf Abweichlern wäre das möglich geworden.

Ebenfalls nur kurz kolportiert wurde die Aussage der SPD-Landtagsabgeordneten Helga Lopez, in der sie eine Bestechung der Verweigerer durch die Energie-Wirtschaft als mögliche Erklärung ihres Verhaltens andeutete. Mit der Absage einer Wahl Ypsilantis zur hessischen Ministerpräsidentin ist die baldige Abschaltung von abgetakelten Biblis-Blöcken wohl wieder unwahrscheinlicher geworden.

Sehr wahrscheinlich ist hingegen, dass der Landtag in Wiesbaden am Mittwoch (19. November) seine Auflösung beschließt und es dann zu Neuwahlen am Sonntag (18. Januar) kommen wird. Wahrscheinlich ist dann, dass Koch eine weitere Amtszeit als gewählter Ministerpräsident Hessens antreten kann.

Nicht gleich zu Beginn wird er dann sicherlich auch die – von der linken Mehrheit jenseits der CDU abgeschafften – Studiengebühren wieder einführen. Der Erfolg von Andrea Ypsilanti wird dann wohl nur eine kurze Episode in der Geschichte bleiben.

Insofern wäre es kein Wunder, wenn die SPD-Landesvorsitzende ihrem Parteirat am Samstag (8. November) den Verzicht auf eine neuerliche Kandidatur zur hessischen Ministerpräsidentin erklärt. Möglich wäre dann, dass der Baunataler Bürgermeister Manfred Schaub für die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) in den Ring steigt.

Ypsilanti jedenfalls ist mit üblen Methoden von der Macht weggemobbt worden. Eine miese Rolle hat dabei auch die „Vierer-Bande“ um den langjährigen Ypsilanti-Widersacher Jürgen Walter gespielt. Beteiligt an dem Mobbing haben sich aber auch Medien und andere Meinungsmacher.

Demokratie ist etwas Anderes. Wer so mit dem politischen Gegner oder gar mit angeblichen „Parteifreunden“ umgeht, der hat das Vertrauen nicht verdient, das mit einem Mandat im Landtag verbunden ist.

Franz-Josef Hanke

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