Zur Teilnahme an den Abstimmungen über 15 Verfassungsänderungen und die Zusammensetzung des Landtags ruft die Humanistische Union (HU) die Stimmberechtigten in Hessen auf. Sie hofft auf eine ähnlich hohe Beteiligung wie in Bayern.
Die 15 Änderungsvorschläge zur Aktualisierung der hessischen Landesverfassung hat der Landesvorstand der Bürgerrechtsorganisation bei einem Treffen in Marburg diskutiert. Nur in einem Punkt können die Vertreter der HU Hessen dem Vorschlag des Hessischen Landtags nicht folgen: „Sport als Staatsziel gleichberechtigt mit Nachhaltigkeit, Infrastruktur oder Kultur in der Verfassung zu verankern, halten wir für überzogen“, erklärte der HU-Landessprecher Jens Bertrams.
„Sport könnte dann als gleichberechtigtes Staatsziel gegen Projekte im Bereich Infrastruktur, Kultur, Nachhaltigkeit oder Förderung des Ehrenamts ausgespielt werden“, fürchtet der stellvertretende HU-Landessprecher Franz-Josef Hanke. „Man könnte Sport auch fördern, ohne dass er in der Verfassung verankert ist.“
Erfreut hingegen ist die HU über die vorgeschlagene Verankerung des Rechts auf Datenschutz und der Kinderrechte in der Landesverfassung. Zwar seien das Grundrechte, die aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN) ohnehin bindende Wirkung besitzen, doch hält die HU die Benennung dieser Rechte in der Landesverfassung für eine sinnvolle Klarstellung.
Längst überfällig war nach Auffassung der HU die nun vorgeschlagene Streichung der Todesstrafe aus der Hessischen Verfassung. Zwar sei sie aufgrund der übergeordneten Bindungswirkung des Grundgesetzes und internationaler Konventionen ohnehin längst Makulatur, doch sei diese Klarstellung durch die Streichung aus der Landesverfassung ein wichtiges Bekenntnis der Bürgerinnen und Bürger zu Rechtsstaatlichkeit und Humanität.
„Eine Chance vertan wurde bei der Formulierung der Verfassungsänderung zur Gleichberechtigung“, bedauert Bertrams. Mit dem ersten Absatz der geplanten Änderung werde zwar die Gleichberechtigung aller sexuellen Orientierungen festgelegt, doch hätte im Abschlussabsatz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ durchaus auch noch die Ergänzung „sowie Personen anderen Geschlechts“ eingefügt werden können. „Selbstverständlich werde ich dieser Änderung am 28. Oktober aber trotz dieses kleinen Mangels zustimmen“, ergänzte der HU-Landessprecher.
Das sogenannte „Passive Wahlrecht“ ab 18 Jahre begrüßt die HU ausdrücklich. Gleiches gilt auch für die Direkte Demokratie, die durch erleichterte Volksabstimmungen verbessert werden solle.
Das ebenfalls zur Abstimmung gestellte Bekenntnis zu Europa versteht die HU Hessen als Absage an nationalistische Abschottungstendenzen und Eigenbrödelei sowie als Bekenntnis für eine demokratische EU der Bürgerinnen und Bürger. Ähnlich wie die Zugehörigkeit Hessens zur Bundesrepublik Deutschland gehöre das Bundesland auch zur EU und der in den grundlegenden Verträgen verankerten Werte von Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit, Demokratie und Solidarität.
Eine Anmerkung haben Bertrams und Hanke zur „Digitalen Gesetzesverkündung“: „Selbstverständlich muss sie barrierefrei erfolgen, sodass auch Menschen mit Behinderungen alle neuen Gesetze uneingeschränkt wahrnehmen können“, forderte Bertrams.
Die Unabhängigkeit des Rechnungshofs schließlich sieht die HU als eine Selbstverständlichkeit, die von der Verfassung garantiert werden muss. „Gewaltenteilung und Gewaltentrennung sind wichtige Grundprinzipien der Demokratie, die auch beim Rechnungshof zum Zuge kommen müssen“, erklärte Hanke abschließend.
„Mit der Verfassungsänderung kann die älteste Landesverfassung der Bundesrepublik mit demokratischer Unterstützung der Bevölkerung im 21. Jahrhundert ankommen, wenn viele Stimmberechtigte sich daran beteiligen“, wünscht sich Bertrams. Die genauen Formulierungen der geplanten Verfassungsänderungen, die am 28. Oktober zur Abstimmung stehen, hat die Landesregierung online gestellt unter https://www.verfassung-hessen.de/15-entscheidungen
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