pe 23-5: Über Demokratie hinweggehuscht – HU kritisiert Eile bei Gesetzgebung

In einem Offenen Brief wendet sich die Humanistische Union (HU) an den Hessischen Landtag. Darin kritisiert sie das Schnellverfahren zur Abänderung des HSOG.
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am Donnerstag (29. Juni) sollen die Abgeordneten des Hessischen Landtages, über den Änderungsantrag der Fraktionen CDU und Bündnis 90/Die Grünen zum Entwurf für ein Gesetz zur Änderung sicherheitsrechtlicher Vorschriften und zur Umorganisation der hessischen Bereitschaftspolizei in der dritten Lesung abstimmen. Die Bürgerrechtsorganisation hält dieses Schnellverfahren bei einer so wichtigen Änderung des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) für undemokratisch und den Gesetzgebungsprozess für intransparent. Eine Beteiligung der Zivilgesellschaft zum Änderungsantrag der Regierungsfraktionen wird damit nämlich verunmöglicht.
Der neue Änderungsantrag von CDU und Grünen befasst sich vor allem mit einer Änderung des verfassungswidrigen Paragraphen 25a des HSOG. Der neue Änderungsantrag soll den alten §25a durch einen neuen ersetzen. Darin geht es um die automatisierte Anwendung der Datenanalyse von HessenDATA und das Zusammenfügen verschiedener Datentöpfe.
Beim kurzfristig eingereichten Änderungsantrag geht es also nicht nur um Formalitäten oder Kleinigkeiten, sondern um Fragen des Datenschutzes und des Polizeirechts. Kurz gesagt handelt es sich um Angelegenheiten, die der öffentlichen Debatte bedürfen – und zwar nicht nur des Landtags, sondern auch der breiten Öffentlichkeit, der Medien und zivilgesellschaftlicher Organisationen –, wenn man den Begriff Demokratie ernster nehmen möchte. Denn es geht um bürgerrechtliche Fragen, die kontrovers diskutiert werden müssten.
Die öffentliche Beteiligung fordert der HU-Bundesvorstand (HU) in Berlin auch deswwegen ein, weil seine beiden Marburger Mitglieder Tronje Döhmer und Franz-Josef Hanke vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe erfolgreich gegen die Regelungen des HSOG zu HessenDATA geklagt haben. Das Karlsruher Gericht hatte dem Land Hessen daraufhin eine Änderung dieses Paragraphen bis Ende September 2023 aufgetragen. Die beiden Beschwerdeführer aus der HU sowie die weiteren Verfahrensbeteiligten erwarten vom Land Hessen eine Gesetzesänderung, die ihren berechtigten Besorgnissen in ausreichender Weise Rechnung trägt.
Ihre Beteiligung wird jedoch durch den straffen Zeitplan verhindert. Der ursprüngliche Gesetzentwurf wurde zwar schon im März 2022 eingereicht. Nachdem aber nur einen Monat später das Bundesverfassungsgericht das Verfassungsschutzgesetz in Bayern kassiert hatte, wurde auch klar, dass Teile des HSOG verfassungswidrig sind. Im März 2023 wurden daraufhin Änderungsanträge eingereicht, und es fand abermals eine Anhörung statt, die inzwischen vom Innenausschuss ausgewertet wurde.
Dort kündigten Abgeordnete der Fraktionen CDU und Die Grünen an, bezüglich HessenDATA einen Änderungsantrag einzubringen. Dieser Änderungsantrag liegt dem Landtag jedoch erst seit Dienstag (20. Juni) vor. Öffentlich war die Drucksache „20/11235“ am Freitag (23. Juni) noch nicht einsehbar.
Trotz dieser Kurzfristigkeit sollen am Dienstag (27. Juni) die zweite und am Donnerstag (29. Juni) die dritte Lesung im Hessischen Landtag zum Gesetzentwurf (LT-Drs. 20/8129) und dem dazugehörigen Änderungsantrag stattfinden. In einem solchen Schnelldurchlauf werden zivilgesellschaftliche Organisationen und die hessischen Bürgerinnen und Bürger vom Gesetzgebungsprozess ausgeschlossen. Denn in Anbetracht der wenigen verbleibenden Tage und der Komplexität sowohl des Änderungsantrags der Regierungsfraktionen als auch der Drucksachen, auf die darin Bezug genommen wird, wird es weder möglich sein, in der außerparlamentarischen Öffentlichkeit den Antrag zu diskutieren, noch werden fundierte gutachterliche Stellungnahmen von Bürgerrechtsorganisationen wie uns rechtzeitig möglich sein.
Der außerparlamentarischen Öffentlichkeit fehlt damit in einem solchen Verfahren die Möglichkeit, sich differenziert zum Änderungsantrag zu äußern. Die Kurzfristigkeit unterminiert somit das Transparenzgebot und erschwert eine demokratische Debatte enorm.
In der Tat ist in der Geschäftsordnung des Hessischen Landtages eine Anhörung oder Beteiligung von Interessensverbänden oder Bürgerrechtsorganisationen nicht schriftlich verordnet – anders als dies etwa beim Bundestag der Fall ist. Daher bleibt zivilgesellschaftlichen Organisationen in Bezug auf den Hessischen Landtag auch keine Möglichkeit der formalen Beschwerde angesichts dieses Schnellverfahrens. Gleichwohl ist die Humanistische Union über diesen Ablauf empört.
„Wir sind der Meinung, dass ein Gesetzgebungsverfahren, das als demokratisch gelten soll, so nicht ordnungsgemäß sein sollte“, erklärte der HU-Bundesvorstand in seinem Offenen Brief. „Daher fordern wir den Hessischen Landtag und die Hessische Landesregierung erstens dazu auf, künftig bei Gesetzgebungsverfahren die Zivilgesellschaft nicht mehr durch Zeitmangel auszuschließen, sondern sich demokratischen Debatten zu stellen. Zweitens fordern wir den Hessischen Landtag dazu auf, wenigstens die gutachterlichen Stellungnahmen zu Gesetzgebungsverfahren generell zu veröffentlichen und damit das Transparenzgebot zu erfüllen.“